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Verirrt

Jürg und Annika sind genervt. Mama ist am Aufräumen im Schlafzimmer und hat keine Zeit mit den Kindern zu spielen. „Weißt du was?“, sagt Jürg. „Wir gehen jetzt in den Wald und suchen dort ein paar Kiefernzapfen für einen Schaukasten.“

„Oder ein paar getrocknete Blätter oder so“, sagt Annika. „Aber Mama hat gesagt, dass wir nicht alleine in den Wald dürfen.“

„Dann gehen wir halt nur ein ganz kleines Stück den Waldweg entlang und sobald wir was gefunden haben, kommen wir direkt wieder zurück, okay?.“, fragt Jürg.  

Annika such einen Beutel und sie gehen los. Es dauert nicht lange bis sie den Beutel und ihre Taschen gefüllt haben mit Kiefernzapfen und Annika hat einen Ast gefunden mit einem schönen braunen Eichenblatt. Aber…sie haben sich verlaufen. Annika hat schon ein paar Mal zu Jörg gesagt, dass sie wieder zurück zum Waldweg müssen, aber Jürg wollte nicht hören. Er meinte, dass am Ende des Weges noch schönere Blätter finden können und jetzt haben sie sich vollends verlaufen.

„Macht nix“, sagt Jürg. „wir laufen einfach die ganze Zeit rechts bis wir aus dem Wald hinauskommen und dann fragen wir nach dem Weg nach Hause, bei einem Polizisten oder so.“ Annika will gerade sagen, dass sie keine Lust hat jetzt die ganze Zeit rechts zu laufen, als sie einen kleinen süßen Vogel singen hört. Er zwitschert auf einem Ast in der Nähe. Sie lauft auf ihn zu und sagt: „Oh schau mal, er hat gar keine Angst vor mir, er bleibt einfach sitzen.“

Als sie näherkommt, kann sie erkennen, warum das Vögelchen sitzen geblieben ist. Es probiert schon weg zu fliegen, aber das geht nicht. Um seinen Fuß ist ein wenig Garn gewickelt, das wiederum an einem Ast festhängt. Jürg wollte das Vögelchen sofort befreien, aber das war gar nicht so einfach. Das Tier flattert und piepst so sehr, dass man es kaum anfassen kann. Annika geht auf das Vögelchen zu und fängt an mit ihm zu sprechen. „Eben kurz stillhalten“, sagt sie und es scheint, als ob das Tier sie versteht. Nun da er still sitzt, ist es einfach ihn zu befreien. Jürg bricht den Ast ab, Annika löst das Garn und da fliegt der Vogel schon weg. Er schaut sich noch kurz um und weg ist er. Nun, da sie noch weiter in den Wald gelaufen sind, haben sie völlig die Orientierung verloren. Jürg weiß jetzt selbst nicht mehr wo eben rechts war und läuft auf gut Glück wieder los.

Auf einmal sieht er durch die Sträucher hindurch eine kleines weißes Häuschen mit einer grünen Tür und kleinen Fenstern mit grünen Rahmen. Vor dem Haus sitzt eine alte Frau mit weißem Haar auf einer Bank und strickt. „Das ist doch keine Hexe“, flüstert Annika. „Nee“, sagt Jürg. „Hexen gibt es nicht…glaube ich und sie ist sicherlich keine.“ Er geht auf die Frau zu und sagt freundlich: „Guten Tag, wir haben uns verlaufen und unsere Mutter weiß sicher nicht, dass wir hier sind.“

Die alte Frau legt ihr Strickzeug beiseite und schiebt ihre Brille auf ihre Nasenspitze. Erst mustert sie Jürg kurz uns sagt dann: „Ich habe meinen Ring verloren.“. Dann beginnt sie wieder zu stricken.

„Jürg verlier auch ständig etwas“, sagt Annika, „aber ich kann gut suchen.“

„Schön“, sagt die Frau, „wenn ihr meinen Ring findet, dann zeige ich euch den Weg nach Hause.“

Annika und Jürg begannen die Suche, doch vergebens. Der Ring war nirgendwo zu finden. Nicht im Haus auf dem Tisch, nicht auf dem Boden, nicht auf der Fensterbank, nicht vor der Matte, die vor der grünen Tür liegt und nicht in der Küche. Sie öffnen alle Deckel von den Töpfen, alle Dosen werden geöffnet. Draußen schauen sie auch überall, aber es ist kein Ring zu finden. Annika merkt wie ihr die Tränen kommen. Wenn sie den Ring nicht finden, dann strickt die Frau einfach weiter und…dann zeigt sie ihnen auch nicht, wie sie nach Hause kommen.

Aber plötzlich kommt aus dem Wald ein Vogel angeflogen. Ist das nicht das Vögelchen, das an dem Ast festhing? Er fliegt einen schönen Bogen um die Kinder und setzt sich dann auf den Eimer bei der Regentonne. Fiepfiepfiepfiepfiep. Ist der Ring etwa in der Regentonne? Hat die Frau den Ring etwa beim Wasser schöpfen verloren?

Jürg läuft zu der Regentonne und beugt sich über den Rand um zu sehen, ob der Ring im Wasser liegt. Er kann nicht so gut sehen und beugt sich noch etwas weiter vor. Er lehnt sich etwas zu weit nach vorn, denn es fehlte nicht viel, dann wäre er hineingefallen. Fiepfiepfiepfiepfiep singt der Vogel. „Ja, schön, ne?“, brummt Jürg. „erst so tun, als würde der Ring in der Tonne sein und mich dann noch auslachen.“ Fiepfiepfiepfiepfiep. Es klingt hohl, als würde der Vogel durch eine Tute singen. Er hat seinen Kopf in den Eimer gehalten.

Annika schaut in den Eimer und ja! Dort glitzert der Ring. Die Frau ist über froh ihren Ring wieder zu haben und steckt ihn sich sogleich an den Finger. „Und jetzt…“, sagt Annika. „Und jetzt…“, sagt Jürg. „Und jetzt…“, sagt die alte Frau. Sie poliert den Ring mit ihrem Rock, dreht ihn einmal um ihren Finger und…Jürg und Annika stehen plötzlich wieder auf dem Weg hinter ihrem Haus. Zugleich sagen sie: „Ist die Frau etwas doch eine…?“ „Eine Fee, denke ich“, sagt Annika und sie laufen schnell nach Hause.

Autor: Eite Brink

Übersetzung: Aylin Bedir